Artikel erschienen imRundbrief des Berufsverbands bildender Künstler Berlin
Die
Künstlersozialkasse (KSK) hat es schwer. Als einzigartiges
Instrument zur sozialen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden
in der Hochphase der Sozialdemokratie 1974 beschlossen, ist sie im
Zuge der Neoliberalisierung Deutschlands massiven Angriffen
ausgesetzt. Ob Industrie, Handelskammer oder Kulturmarktverbände,
immer wieder wird versucht, dieses Sozialversicherungsmodell zu
diskreditieren. Nicht zeitgemäß sei die Idee, Freiberufler wie
Arbeitnehmer zu versichern und damit vor dem sozialen Abstieg oder
Aufgabe der künstlerischen Tätigkeit zu bewahren. Wo einst die
Sorge um die Künstler zur Sicherung der Kulturstaatlichkeit der
Staatszielbestimmung Deutschlands entsprach, regiert heute die
Rhetorik des freien Marktes.
Mit
der Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes wurde die
Abgabepflicht auf die Gesamtheit der Unternehmen erweitert. Die
Kontrolle der Abgabe wurde auf die potentere Deutsche
Rentenversicherung (DRV) übertragen. Diese kontrollierte seit 2012
aber nicht, obwohl durch die Neuordnungen Millionenbeträge in die
Kasse flossen. Mit 50 Mil. € zusätzlichen Verwaltungskosten wurde
dies als zu teuer dargestellt. Außerdem fiele die Deckung der
Mehrkosten zu Lasten der Rentenversicherung. Dabei wurden die Kosten
hierfür von der KSK selbst aber mit nur 15% der Summe veranschlagt.
Im nächsten Jahr soll der Abgabesatz um 1% erhöht werden.
Kulturmarktverbände, wie der Bundesverband Deutscher Galeristen,
laufen dagegen Sturm. Die Belastung, so befürchtet man, bleibe bei
den Galerien hängen. Dabei würde eine Teuerung des Endprodukts um
1% wohl kaum Käufer abschrecken. Geiz gilt hier nicht unbedingt als
geil. Doch wer ins Feld führt, man sei besonders hart getroffen, da
man “hohe
Anteile aus Werkverkäufen an bildende Künstler zahle“ jammert
nicht nur auf hohem Niveau. Er denkt vielleicht auch allzu
eigennützig. Selbst wenn einige Kunsthändler ums Überleben kämpfen
müssen: Nur 13% der Kunstschaffenden verdienen mehr als die Hälfte
ihrer Einkünfte aus dem Verkauf von Werken. Die wenigsten
profitieren von den Leistungen einer Galerie. Und dass sich nur
Qualität am Markt durchsetze, ist ein Galeristenmärchen. Die
soziale Lage der Künstler ist jedoch dramatisch. Das
Durchschnittseinkommen der KSK-Versicherten liegt bei lediglich
14.000,- €. Honorare für bildende Künstler sind die Ausnahme.
Ebenso wie Verkäufe. Deshalb braucht die Kunst Unterstützung.
Die Kontrollen
bei den Künstlern haben sich indes verschärft. Wer bei der KSK
falsche Angaben macht, muss mit harten Strafen rechnen. Viele sind
aus der KSK geflogen, viele scheitern bereits bei der Antragstellung,
da die Erwerbsmäßigkeit der künstlerischen Tätigkeit an einem
jährlichen Reinerlös aus künstlerischer Arbeit von mehr als
3.900,-€ berechnet wird. Wer im Nebenberuf mehr als 450,-€
verdient, riskiert ebenfalls eine Ausschluss. Leichter hat es da der
Berufsstamm der Grafikdesigner oder der Publizisten. Als letzterer
geht dann schon mal der ein oder andere Galerist oder Kurator durch,
wo man bei der Frage wäre, ob der Sinn der Künstlersozialkasse noch
erfüllt ist, wenn Galeristen in der KSK sind und Künstler dabei
chancenlos in die Sozialfalle rutschen. Ein Problem ist vielleicht,
wie bei der KSK gewirtschaftet wird. Grundsätzlich müsste sich die
Kasse aus den Abgaben und Beträgen tragen.
Als
unter Franz Müntefering aber die Künstlersozialversicherungsgesetz
reformiert wurde, bedeutete dies einen Rückgang der
Bundesfinanzierung von 25% auf 20%. Das Defizit musste erwirtschaftet
werden. Hier leitete sich eine Welle von Ausschlüssen und eine
restriktive Eintrittspolitik ein. Sollte die KSK tatsächlich einmal
obsolet werden, dann vielleicht durch eine Bürgerversicherung. Diese
ist aber vorerst nicht in Sicht. Die gegenwärtigen Beitragslöcher
ließen sich durch bessere Kontrollen bei den Unternehmen und durch
die Einführung von Ausstellungshonoraren bei staatlichen und
kommunalen Ausstellungshäusern stopfen. Ob es Mindestlohn für
Künstler irgendwann geben wird, bleibt aber fraglich. Eine
Rückbesinnung auf den Bestimmungszweck der Künstlersozialkasse
scheint dringend nötig.
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