Freitag, 29. November 2013

No Future für die KSK?

Artikel erschienen imRundbrief des Berufsverbands bildender Künstler Berlin
Die Künstlersozialkasse (KSK) hat es schwer. Als einzigartiges Instrument zur sozialen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden in der Hochphase der Sozialdemokratie 1974 beschlossen, ist sie im Zuge der Neoliberalisierung Deutschlands massiven Angriffen ausgesetzt. Ob Industrie, Handelskammer oder Kulturmarktverbände, immer wieder wird versucht, dieses Sozialversicherungsmodell zu diskreditieren. Nicht zeitgemäß sei die Idee, Freiberufler wie Arbeitnehmer zu versichern und damit vor dem sozialen Abstieg oder Aufgabe der künstlerischen Tätigkeit zu bewahren. Wo einst die Sorge um die Künstler zur Sicherung der Kulturstaatlichkeit der Staatszielbestimmung Deutschlands entsprach, regiert heute die Rhetorik des freien Marktes.
Mit der Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes wurde die Abgabepflicht auf die Gesamtheit der Unternehmen erweitert. Die Kontrolle der Abgabe wurde auf die potentere Deutsche Rentenversicherung (DRV) übertragen. Diese kontrollierte seit 2012 aber nicht, obwohl durch die Neuordnungen Millionenbeträge in die Kasse flossen. Mit 50 Mil. € zusätzlichen Verwaltungskosten wurde dies als zu teuer dargestellt. Außerdem fiele die Deckung der Mehrkosten zu Lasten der Rentenversicherung. Dabei wurden die Kosten hierfür von der KSK selbst aber mit nur 15% der Summe veranschlagt. Im nächsten Jahr soll der Abgabesatz um 1% erhöht werden. Kulturmarktverbände, wie der Bundesverband Deutscher Galeristen, laufen dagegen Sturm. Die Belastung, so befürchtet man, bleibe bei den Galerien hängen. Dabei würde eine Teuerung des Endprodukts um 1% wohl kaum Käufer abschrecken. Geiz gilt hier nicht unbedingt als geil. Doch wer ins Feld führt, man sei besonders hart getroffen, da man “hohe Anteile aus Werkverkäufen an bildende Künstler zahle“ jammert nicht nur auf hohem Niveau. Er denkt vielleicht auch allzu eigennützig. Selbst wenn einige Kunsthändler ums Überleben kämpfen müssen: Nur 13% der Kunstschaffenden verdienen mehr als die Hälfte ihrer Einkünfte aus dem Verkauf von Werken. Die wenigsten profitieren von den Leistungen einer Galerie. Und dass sich nur Qualität am Markt durchsetze, ist ein Galeristenmärchen. Die soziale Lage der Künstler ist jedoch dramatisch. Das Durchschnittseinkommen der KSK-Versicherten liegt bei lediglich 14.000,- €. Honorare für bildende Künstler sind die Ausnahme. Ebenso wie Verkäufe. Deshalb braucht die Kunst Unterstützung.
Die Kontrollen bei den Künstlern haben sich indes verschärft. Wer bei der KSK falsche Angaben macht, muss mit harten Strafen rechnen. Viele sind aus der KSK geflogen, viele scheitern bereits bei der Antragstellung, da die Erwerbsmäßigkeit der künstlerischen Tätigkeit an einem jährlichen Reinerlös aus künstlerischer Arbeit von mehr als 3.900,-€ berechnet wird. Wer im Nebenberuf mehr als 450,-€ verdient, riskiert ebenfalls eine Ausschluss. Leichter hat es da der Berufsstamm der Grafikdesigner oder der Publizisten. Als letzterer geht dann schon mal der ein oder andere Galerist oder Kurator durch, wo man bei der Frage wäre, ob der Sinn der Künstlersozialkasse noch erfüllt ist, wenn Galeristen in der KSK sind und Künstler dabei chancenlos in die Sozialfalle rutschen. Ein Problem ist vielleicht, wie bei der KSK gewirtschaftet wird. Grundsätzlich müsste sich die Kasse aus den Abgaben und Beträgen tragen.
Als unter Franz Müntefering aber die Künstlersozialversicherungsgesetz reformiert wurde, bedeutete dies einen Rückgang der Bundesfinanzierung von 25% auf 20%. Das Defizit musste erwirtschaftet werden. Hier leitete sich eine Welle von Ausschlüssen und eine restriktive Eintrittspolitik ein. Sollte die KSK tatsächlich einmal obsolet werden, dann vielleicht durch eine Bürgerversicherung. Diese ist aber vorerst nicht in Sicht. Die gegenwärtigen Beitragslöcher ließen sich durch bessere Kontrollen bei den Unternehmen und durch die Einführung von Ausstellungshonoraren bei staatlichen und kommunalen Ausstellungshäusern stopfen. Ob es Mindestlohn für Künstler irgendwann geben wird, bleibt aber fraglich. Eine Rückbesinnung auf den Bestimmungszweck der Künstlersozialkasse scheint dringend nötig.