Dienstag, 2. März 2010

Castro bei Electron, 5.3.2010 BAC, Genf


curated by Marie-Avril Berthet


Auf dieser Ausstellung zeige ich eine Zeichnung und zwei Videos, die ich speziell für die Ausstellung. Thema war die Feier, die auf dieser Ausstellung sehr unterschiedlich interpretiert wurde und ich möchte sagen, dass sich meine Beiträge wohl mit am stringentesten zur Thematik verhalten. Beide Videos sind Collagen, die sich mit der Loveparade und ihrem historischen Kontext, dem wiedervereinigten Deutschland beschäftigen.
Das Video mit dem mehrdeutigen Titel "Union" scheint die Behauptung Annette Weber's in ihrem Aufsatz über Konservatismus im Kontext der Techno-Community (in: Maintream der Minderheiten, Hg. Tom Holert & Mark Terkessidis), "Was aussehen möchte wie eine Jugendrevolte, entpuppt sich als Anpassung an kontrollgesellschaftliche Regeln." zu bestätigen scheint:
Nach einer ungelenken Einleitung durch Dr.Motte (Interviewfetzen) in dem er zwischen vermeintlichen und tatsächlichem politischen Anspruch der Loveparade einen Drahtseilakt über dem Schlund des Unpolitischen vollzieht, zeigt sich die Love Nation, Family oder Unity als das, was sie gerade durch ihre erklärte Apolitizität wurde: Rekuperationsgebiet konservativer Politik, die auf die unkritische bis willfährige Masse sportiv Einheit feiernder Jasager, oder, wie es Didrich Diederichsen ausdrückte:die Helmut-Kohl-Jugend. Die kurze Bildeinspielung zeigt eine hysterisches Girlie, Mitglied der jungen Union auf dem Soundsystem der CDU auf der Loveparade, die aufgepeischt von Beats und ihrer eigenen CDU-Mitgliedschaft als sicherlich einzige und ausreichende Stimulanzen der neuen, positiven Jugend, ...äh, tierisch abgeht!


Die Zeichnung (Abb. in Kürze) zeigt eine böse Pesiflage eines Plakats aus der Nazi-Zeit, das im Original einen auf einen imaginären Punkt am Himmel entrückt, aber kess über die Schulter starrenden Hitlerjungen, während sich am braunen Himmel hinter ihm das Konterfei Adolf Hitlers abzeichnet und die Parole dazu befiehlt: "Jugend dient dem Führer!". In meiner Version sieht man das feiste Konterfei des Einheitskanzlers, vor dem H.P.Baxxter, Shouter der Techno-Pop Band Scooter und Schlüsselfigur in der Verquickung von Techno und stadionsmässiger Volkstümelei, ebenso entrückt auf dieses mystische Flackerlicht am Firmament starrt, dass schon den gesamten Ufa-Film durchzieht und von Heino weiterentwickelt wurde (siehe auch: Peter O. Chotjewitz 1971 in "Akzente"), allerdings noch mysthischer mit Sonnebrille, wie die Angeklagten der Nürnberger Prozesse, haha. Die Parole lautet heute jedoch vielmehr: "Jugend dient dem Kapital" und ziert den Kopf der Zeichnung.


Das Video "Volksfest"
beginnt ebenfalls mit einer Ansprache des Zeremonienmeisters Dr. Motte und zeigt Bilder von den Loveparades von 1989-92, die sich später mit Images des Pogroms von Rostock-Lichtenhage, ebenfalls von 1992 vermischen. Der Soundtrack des Videos, aus einem Live-Set von DJ Marusha, bringt als Catchphrase: "My House is your House and your House is mine", dessen Message sich unter den Bildern des von Neonazis attackierten und in Brand gesteckten lichtenhagenener Hauses, in dem sich immer noch vietnamesische Familien verstecken, und dem dazu Befall klatschenden Mob, der bei Bratwurst und Bier zum versuchten mehrfachen Mord ein Volksfest feiert, verändert: Gastfreundschaft wird zum feindseligen, nationalistischen und rassistischen Besitzanspruch.


"Volksfest" auf der Eröffnung

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